Der Mensch ist ein soziales Wesen und als solches auf die
Gesellschaft von anderen Menschen angewiesen, um sich persönlich zu entwickeln und zu
entfalten. Erst die Gesellschaft und die gesellschaftliche Ordnung ermöglicht es einem
heranwachsenden Menschen, seine Persönlichkeit zu entwickeln und individuell in vollem
Umfang zu entfalten.
Je nachdem, ob er dabei in schlechter oder guter Gesellschaft heranwächst oder ob er in
schlechter oder guter Gesellschaft einen Teil seiner jugendlichen Freizeitaktivitäten
verbringt, wird auch seine Persönlichkeit zum Positiven oder Negativen beeinflusst und
geformt. Der Ausspruch "Umgang formt den Menschen" trägt in dieser Beziehung
mehr als nur ein Körnchen Wahrheit in sich.
Eremiten gab es in den verschiedensten Kulturkreisen, um im Einklang mit sich und der
Natur zu Gott zu finden, doch Ausnahmen lassen sich kaum verallgemeinern. Eine
freiwillig gewählte Isolation wird vom Menschen anders empfunden, als eine Isolation durch
aufgezwungene oder anderweitig unfreiwillige Begleitumstände. Eine unfreiwillige
Isolation endet oft in einer schweren Depression, wodurch es den Betroffenen schwer
fällt, die eigene Isoliertheit durch neue soziale Kontakte zu beenden. Soziale Kontakte
sind wichtig, doch ob sich diese in einer schlechten oder guten Gesellschaft abspielen,
ist nicht minder wichtig.
Mit schlechter und guter Gesellschaft ist in diesem Zusammenhang weniger die soziale
Struktur eines politischen Systems gemeint, wie Kapitalismus oder Sozialismus, als
vielmehr das gesellschaftliche Umfeld des einzelnen Menschen. So wir auf die Frage, was
in der ehemaligen DDR besser war, ein Großteil der Menschen antworten, dass das soziale
Miteinander im Wesentlichen wesentlich besser war. Doch wie verträgt sich die einstige
Mangelwirtschaft, fehlende Reisefreiheit und fehlende Pressefreiheit mit dieser
Aussage?
Ganz einfach, diese Missstände betrafen alle Bürger des Systems, in dem sie gemeinsam
lebten. Dort, wo alle von dem gleichen Übel betroffen sind, ist auch der Zusammenhalt
in kleinen gesellschaftlichen Gruppen stärker ausgeprägt, weil der Mensch dann eher dazu
neigt, sich gegenseitig zu helfen.
Anders im kapitalistischen System, hier sind Einkommensunterschiede vom Fünffachen bis
zum Zehnfachen schon unter Nachbarn keine Seltenheit, im gesamten System noch um ein
Vielfaches mehr. Sicherlich, diese Unterschiede ließen sich begrenzen, was jedoch einen
Unsicherheitsfaktor mit sich bringen würde. "Teile und herrsche" heißt hier
immer noch das einfache politische Motto, dass von der Mehrheit der Bundesbürger nur
nicht erkannt wird. Doch wie ließen sich rund 82 Millionen Menschen leichter regieren,
als diese in gesellschaftliche Gruppen zu spalten?
Nun, niemand spricht das Wort Spaltung der Gesellschaft aus und dennoch werden in der
gesellschaftlichen Struktur hierarchische Schichten geduldet, begünstigt und teilweise
sogar gefördert, die es so ausgeprägt nicht zu geben brauchte. Als da wären eine kleine
Oberschicht, eine starke Mittelschicht und eine breite Unterschicht, wobei von letzterer
sich noch einmal eine Schicht der sozial Schwachen abspaltet.
Benachteiligt sind vor allem Angehörige der untersten Schicht, doch ein Auflehnen auf
breiter Ebene erfolgt nur selten. Der Grund, nur wenige Menschen träumen davon, dass es
allen Menschen gleich gut geht. Doch das, was ein Mensch sich nicht erträumt, dafür setzt
er sich auch nicht ein. Die überwiegende Mehrheit träumt hingegen davon, dass es ihnen
mindestens genauso gut oder möglichst noch ein wenig besser ergehen möge, wie den
Nachbarn.
So wird kaum eine Erfüllung darin gesehen, gesellig miteinander etwas zu schaffen, sondern
jeder einzelne stellt sich seine Ziele (was im Grunde richtig und nicht verkehrt ist)
und ein vorrangiges Ziel ist es oftmals, in der gesellschaftlichen Hierarchie nicht zu
fallen, um nicht nach unten durchgereicht zu werden, sondern den Anschluss zu halten oder
gar erst zu erreichen.
Dort, wo finanzielle Mittel und die Zugehörigkeit zu einer Schicht eine eher untergeordnete
Rolle spielen, wie z.B. in den unterschiedlichsten Vereinen, ist das Miteinander und das
Interesse gesellig miteinander etwas zu erreichen oder zu schaffen, im Allgemeinen viel
entspannter und ausgeprägter.
Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare: