Unser Leben könnte so einmalig schön und voller Wunder sein,
wenn wir uns die Zeit nehmen würden eben dieses Leben in friedlicher Besinnung und
voller innerer Ruhe zu betrachten. Doch wer nimmt sich im Leben die Zeit, die Schönheit
des Lebens zu genießen, die Zeit zur Besinnung und Entspannung. Wer nimmt sich diese
Zeit fürs Downshifting?
Eine andere Frage ist nicht minder wichtig, die Frage, wer kann sich diese Zeit zur
Entschleunigung des Alltags nehmen?
Vielleicht die alleinerziehende Mutter mit drei schulpflichtigen Kindern, bei der das
geringe Einkommen weder hinten noch vorn reicht, um ihre Sprösslinge zeitgemäß zu kleiden
und die deshalb noch einen Nebenjob verrichtet?
Oder der einstige Arbeitslose, der Tag für Tag 50, 80 oder mehr Kilometer zur Arbeit
fährt, weil er es sich nicht leisten kann, erneut arbeitslos zu werden oder in Hartz IV
abzugleiten?
Würde er diesen täglichen Stress im Berufsverkehr nicht auf sich nehmen, so könnte
er vielleicht die Raten fürs Haus oder Auto nicht mehr begleichen.
Entschleunigung des Lebens hört sich gut an, Downshifting
sicherlich auch, doch was steckt eigentlich wirklich dahinter?
Wenn in einschlägigen Artikeln über Downshifting oder Entschleunigung berichtet
wird, so werden als Fallbeispiele gerne gestresste Manager erwähnt, die sich eines
Besseren besinnen und zukünftig völlig anders mit ihrer Lebenszeit umgehen möchten.
Handelt es sich hier wirklich um eine Trendwende
im Umgang mit der Zeit?
Bleiben wir zu Beginn dieser kleinen Betrachtung beim oft zitierten Manager. Dass
ein guter Manager einen vollen Terminkalender hat und kaum an einem 8-Stunden-Tag
gebunden ist, steht außer Frage. Sicherlich wird einem Manager viel abverlangt und
der auf ihm ruhende Erwartungsdruck kann sehr hoch sein. Doch letztendlich erhält er
dafür auch eine entsprechende Vergütung. Und zwar in der Regel eine Vergütung in einer
Höhe von der die alleinerziehende Mutter kaum zu träumen vermag.
Stellt der eine oder andere Manager eines Tages die ersten Anzeichen von einem Burnout-Syndrom
bei sich fest, so kann er es sich vielleicht leisten einen Gang herunter zu schalten,
kann von Downshifting und Entschleunigung reden und eventuell auch zukünftig sein Leben
dementsprechend umgestalten und einrichten. Die gestresste alleinerziehende Mutter
von drei schulpflichtigen Kindern kann ihr Leben hingegen nicht problemlos entschleunigen.
Einfacher ausgedrückt, nur wer es sich leisten kann, derjenige
kann sein Leben auch entschleunigen. Ein Trend, der an all den Menschen vorbei geht,
die jede Arbeit annehmen müssen, wenn sie nicht im sozialen Abseits landen wollen.
Nachfolgend ein kurzes Zitat aus einer E-Mail, verfasst von einer berufstätigen Frau
Ende der Fünfziger und der die Arbeitsagentur kein ALG-II zugestehen wollte, weil ihr
Ehemann angeblich genügend verdienen würde. Es sei angemerkt, beim Ehemann handelte
es sich um keinen Schwerverdiener und der Verdienst des Ehemanns liegt unter dem eines
Bauarbeiters:
....habe die Nase gestrichen voll, gehe mit 60 nachher in Rente.
Äußert sich in derartigen Zeilen ein erfülltes Leben, auf das man als Rentner zurückblicken
möchte?
Möchte man dieser Frau etwas von Downshifting oder von Entschleunigung erzählen?
Einer Frau, die darüber verbittert ist, dass sie jede Arbeit annehmen und dabei jeden
Weg zur Arbeit akzeptieren muss, einschließlich des daraus resultierenden Stresses,
nur um auch weiterhin ein menschenwürdiges Leben führen zu können?
Nun ja, doch, immerhin hat sie auch ab einem Lebensalter von 60 Jahren die Möglichkeit
zur Entschleunigung, doch bekanntlich haben ja Rentner ohnehin die wenigste Zeit und
eigentlich nie Zeit. Auch bleibt in diesem Zusammenhang eine andere Frage offen, was
tat sie bisher in ihrem Leben und wie nutzte sie ihre bisherige Lebenszeit, um ein
erfülltes Leben zu führen? Fragen, denen wir hier nicht auf dem Grund gehen können.
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