Rummmms!! Ein Schütteln, ich schrecke hoch. Sehe durchs
Fenster und erblicke die in der Nacht funkelnden Lichtermeere, die ringsherum
sanft ansteigend den Flughafen umgeben, der sich mitten in der auf knapp 3000
Höhenmeter gelegenen Millionenstadt befindet.
Südamerika. Ecuador. Quito. Und
ich habe den Landeanflug verschlafen...
Nicht wissend was tun nach dem
Studium, dafür aber wiss- und weltbegierig, habe ich nach einer relativ spontan
getroffenen Entscheidung vor sechs Wochen einen Flug gebucht. Mit recht rudimentären
Spanischkenntnissen und einem ebenso rudimentären Budget auf meinem Bankkonto wage
ich also den Sprung ins kalte Wasser und ins heiße Südamerika, wo ich als Freiwillige
ein Schuljahr lang Englisch in einer Grundschule im Regenwald unterrichten werde.
[1] [2] [3]
In einem etwas außerhalb gelegenen Dorf mit dem malerischen Namen Primavera, wo ich erst einmal zwischeneinquartiert werde, geniesse ich eine Stunde nach der Landung meine erste Dusche nach meiner letzten Examenstanzprüfung, einer durchfeierten Nacht und 20 h Flug.
Nach der Dusche falle ich in einen verworrenen Jet-Lag-Schlaf,
aus dem mich am nächsten Morgen die ueberaus originelle Weckerfunktion meines
Handies holt:
"Kickeriki! Kickeriki!!" Schlaftrunken nach meinem Handy tastend stelle
ich fest: Es ist nicht mein Handy sondern ein echter Hahn! Bruchteile von Sekunden
später realisiere ich: Ich bin in Ecuador!
Ich stolpere aus dem Haus auf den lichtüberfluteten Hof und in das Hahnengeschrei, in das
mittlerweile auch alle Nachbarhähne miteingestimmt haben. In strahlendem Sonnenschein
unter blauem Himmel setze ich mich im Nachthemd auf die Stufen vor dem Haus und schalte
mein Handy an, um auf die Uhr zu sehen, die nun 6 h vorgeht: 14:30 Uhr im novemberkalten
Deutschland, also 08:30 Uhr hier.
Anja Bosch, im März 2009 – Erlebnisse in Ecuador – Kapitel I
Weiterlesen › Ecuador » Im Amazonasgebiet
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Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare:
Anmerkung: 1 und 3 von H. Müller | 2 von A. Bosch
1 Eine kleine Anmerkung
zur Ankunft in Quito. Der alte Flughafen von Quito, der Aeropuerto Internacional
Mariscal Sucre, erhielt einst bei seiner Einweihung dem Namen des ecuadorianischen
Nationalhelden Marschall Antonio José de Sucre. Ein klein wenig Heldenhaftigkeit
mussten die Passagiere, und ebenso die Piloten, schon bei einem Flug nach Quito
im Reisegepäck mit sich bringen. Der Grund, der Flughafen von Quito zählte wegen
seiner Lage in mitten der Stadt zu den gefährlichsten Flughäfen der Welt und verlangte
den Piloten wegen seiner abschüssigen Landebahn eine große Portion fliegerisches
Können ab.
Doch das ist bereits Geschichte, da im Jahre 2013 ein neuer Flughafen fertig gestellt
wird, der mehr Sicherheit und eine größere Kapazität bietet, wobei der Name Aeropuerto
Internacional Mariscal Sucre für den neuen Flughafen übernommen wurde.
2 Ecuador ist ein ethnisch
gesehen sehr reichhaltiges Land. Der Grossteil der Bevölkerung besteht zwar aus
sogenannten Mestizos (Menschen, die sowohl indigene als auch spanische Vorfahren
besitzen), allerdings machen die Indigenas, die sich wiederum in mehrere Gruppen
untergliedern lassen, ein gutes Viertel der Bevölkerung aus. Der Grossteil der Indigenas
spricht Kichwa und ist besonders in der Andenregion und im Amazonasgebiet vertreten.
Neben den Colonos, Menschen spanischer Abstammung, gibt es noch afrikanische Einschlaege
in der Bevölkerung, die sich vor allem in der Küstenregion bemerkbar machen, wo
im 18. Jahrhundert mehrere Großgrundbesitzer afrikanische Arbeitssklaven importierten.
3 Einst vor langer Zeit,
so um die 3.500 Jahre mag es her sein, da lebte ein Häuptling namens Quitumbe.
Es ist nicht genau überliefert, wo er mit seiner Frau Llira herkam, da sich hier
die Legenden widersprechen, doch soviel ist gewiss, beide ließen sich in Ecuador
nieder und gründeten das Reich der Quitu. Dort, wo die beiden die erste Siedlung
für ihr neu entstehendes Reich gründeten, befindet sich heute die Hauptstadt des
Landes.
Quito belegt einen zweiten Platz im internationalen Vergleich der höchstgelegenen
Städte dieser Welt. Mit rund 1,4 Millionen Einwohner ist Quito hingegen nach Santiago
de Guayaquil nur die zweitgrößte Stadt von Ecuador.