Einst, so heißt es im Märchen, verriet ein Spieglein an der Wand
einer neidvollen Königin, wer weit und breit die schönste Frau im ganzen Land sei. Seit
dieser Zeit hat sich so einiges geändert. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
muss eine Frau nicht unbedingt erst zur Königin gekrönt werden, um sich mit anderen
Frauen vergleichen zu können. Ein Blick in eine beliebige Hochglanzillustrierte reicht
bereits aus, um jede Frau an ihrer eigenen Schönheit erheblich zweifeln zu lassen.
Neid und Missgunst beflügeln seit dem letzten Jahrhundert keine Frau mehr zu dunklen
Machenschaften mit Jägersleuten, sondern verleiten neuzeitliche Frauen höchsten zum Gang
in einen Schönheitssalon oder zu einem Schönheitschirurgen. Doch völlig gleich wie auch
immer die Zeiten sich wandelten, das menschliche Schönheitsempfinden treibt immer noch
Menschen bis an den Rand des scheinbaren Wahnsinns. Bleibt die Frage, was ist Schönheit
eigentlich?
Sie meinen, Schönheit sei Geschmackssache? Nein, ganz so einfach ist es mit der Schönheit und mit dem menschlichen Schönheitsempfinden ganz und gar nicht. Oder vielleicht doch, da ja viele Menschen mehr oder weniger den gleichen Geschmack haben.
Eine Redewendung sagt nun, über Geschmack ließe sich nicht
streiten. Doch lässt sich über Schönheit oder über das Schönheitsempfinden einzelner
Mitmenschen streiten?
Wer oftmals die mehr oder weniger gut gemeinte Frage von um ihn besorgten Menschen zu hören
bekommt, ob er denn unter einer Geschmacksverirrung leide, leidet dieser Mensch
dann unter einem psychisch gestörten Schönheitsempfinden?
Diese Frage wäre nicht ganz so einfach zu beantworten meinen Sie?
Richtig und deshalb noch einmal die Fragestellung, was ist Schönheit?
Unbestritten ist lediglich, Schönheit wird empfunden und dieses Schönheitsempfinden bezieht
sich nicht nur auf andere Mitmenschen, sondern auf so ziemlich all das, was uns umgibt.
Was ist Schönheit? Eine kleine Vorbemerkung,
bevor diese Frage näher beantwortet wird. So abstrakt der Begriff der Schönheit zuweilen
behandelt und dargestellt wird, so abstrakt ist er dennoch nicht. Alles was dazu gehört,
um diesen Begriff und unser Schönheitsempfinden besser zu deuten und zu verstehen, ist
ein Blick in die Vergangenheit. Nicht in die jüngste Vergangenheit, sondern sehr, sehr
viel weiter zurück.
Das Schönheitsempfinden des Menschen ist eng und unlösbar mit seinen Verhaltensweisen
verbunden. Bestimmte Verhaltensweisen ermöglichten uns aber erst ein Überleben in der
riesigen Zeitspanne der menschlichen Evolution. Bei den Verhaltensweisen müssen wie wiederum
zwischen instinktiven Verhaltensweisen und erlernbaren, von unserem Bewusstsein gesteuerten
Verhaltensweisen unterscheiden. Erstere steuern uns und unsere Gefühle, letztere steuern
wir, wobei sich jedoch beide Steuermechanismen gegenseitig beeinflussen. Wäre da nicht zum
Beispiel ein gewisser instinktiver Sexualtrieb in uns vorhanden, welcher uns unbewusst dazu
verleiten würde ganz bewusst auf Partnersuche zu gehen, würde uns die natürliche Schönheit
eines potentiellen Partners kaum ansprechen.
Damit nicht genug, unser Schönheitsempfinden ist nicht nur darauf ausgerichtet, einen
möglichst begehrenswerten Sexualpartner zu finden, sondern nicht minder auf viele weitere
Dinge in unserem Leben. Wir lauschen gern schöner Musik, lesen gern schöngeistige
Literatur, lieben schönen Schmuck und zeitlos schöne Autos oder sind von der Schönheit
einer faszinierenden Landschaft begeistert.
Welchen Partner, welche Musik oder welche Formen und Farben wir bei materiellen Dingen als
schön empfinden, können wir nicht bewusst steuern. Empfindungen, wie unserer
Schönheitsempfinden, beruhen auf Gefühlen und Gefühle wiederum sind biochemische
Vorgänge in unserem Körper. Wir können höchstens lernen mit unseren Gefühlen
umzugehen und diese zielgerichtet in einer bestimmten Richtung zu steuern.
Wenn wir es nicht lernen, so übernehmen es andere. Zum Beispiel Modemacher und Produktdesigner,
die mit ausgefeilten Werbekampagnen Einfluss auf unser Schönheitsempfinden und somit auf
unsere Gefühle nehmen. Welches Produkt welche Farben und welchen Zuschnitt besitzen muss,
um in der kommenden Saison besonders schön auf uns zu wirken, beeinflussen nicht wir,
auch nicht ausschließlich unsere unbewussten Gefühle, sondern Modemacher und Designer,
die mit Hilfe unterschiedlichster Werbekampagnen unsere Gefühle beeinflussen und
zielgerichtet steuern.
Unsere Gefühle und somit auch unser Schönheitsempfinden lässt sich jedoch nicht wahllos
in beliebige Richtungen steuern. Völlig ohne das erforderliche Wissen darüber, was
Schönheit ist und was von den Menschen mehrheitlich als schön empfunden wird, könnte
sich kein Designer längere Zeit auf dem Markt behaupten. Wie ist es nun um dieses Wissen
über die abstrakte und gefühlte Schönheit vieler Dinge bestellt und wie kann dieses
Wissen erworben werden? Dazu auf der folgenden Seite mehr.
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Schönheit und Vererbung