Noch einmal Beispiel zum Punkt A der Übersicht von der letzten
Seite, der Zeitdehnung durch Vorfreude und Ungeduld und zur Zeitschrumpfung durch
Verantwortung. Es ist Donnerstagabend und eine kleinere Reise als Kurzurlaub soll
für das kommende Wochenende geplant werden. Ob zu den Großeltern aufs Land oder
als Ausflug an die Küste auf Grund des herrlichsten Sommerwetters, ein Ziel ist
für dieses Beispiel unerheblich.
Der Nachwuchs im mittleren Kindesalter vernimmt es, ruft erfreut "Oh fein" und kann
die Zeit bis zur Abreise kaum noch erwarten. Dabei dehnt sich für die Kinder die Zeit
aus. Nach dem Motto "könnte nicht schon heute Samstag sein", will die Zeit kaum noch
vergehen und scheint zu schleichen.
Anders für die besorgten und verantwortungsvoll handelnden Elternteile. Hier rast
die Zeit scheinbar dahin, schrumpft förmlich, dabei sind längst noch nicht alle
Vorbereitungen getroffen. Dabei immer die Frage im Hinterkopf: "Haben wir auch
nichts vergessen und an alles gedacht". Die Zeit für die Vorbereitung war halt
mal wieder viel zu knapp bemessen und einkalkuliert, zumindest kommt es mindestens
einem Elternteil so vor.
Was sagt nun die Wissenschaft zu dieser gefühlsmäßigen Zeitdehnung oder Zeitschrumpfung?
Da jede geistige Empfindung unserem Gehirn entspringt, so vermuteten einst die Wissenschaftler,
dass auch für die Zeitempfindung bestimmte Areale unseres Hirns zuständig sind.
Erwiesen ist lediglich, dass der Mensch sowie alle höher entwickelte Lebensformen
eine innere biologische Uhr besitzen, diese jedoch viel zu ungenau geht, um kürzeste
Zeitintervalle zu messen und zu steuern. Spezielle graue Zellen, die für ein Zeitgefühl
verantwortlich sind, scheinen im menschlichen Gehirn nicht zu existieren, insofern
man von den sogenannten Taktgeberzellen[1]
der biologischen Uhr einmal absieht. Eine Wissenschaft, die sich nur mit dieser Disziplin
beschäftigt, ist die Chronobiologie.
Der Mensch und ebenso Säugetiere, verfügen zwar über Taktgeberzellen, nur hat es
mit diesen vermutlich eine andere Bewandtnis. Darüber, dass diese Taktgeberzellen
den 24-Stunden-Rhythmus steuern, gibt es wohl kaum Zweifel. Diesen Zellen wird jedoch
nicht zugemutet, die zeitliche Wahrnehmung zu dehnen oder zu kürzen und ebenso wenig
zeitliche Vorgänge im Bereich von Millisekunden zu steuern. Dennoch ist unser Gehirn
in der Lage, kürzeste Zeitintervalle bis in den Millisekundenbereich hinein
zu erkennen, zu verarbeiten und zu steuern.
Sicherlich sind auf dem Gebiet der Hirnforschung, ebenso wie auf dem Gebiet der
Chronobiologie, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viele neue Erkenntnisse
zu erwarten, nur können uns diese heute (2015) noch nicht sehr viel weiter
helfen. Anders sieht es hingegen auf dem Gebiet der Psychologie aus, dazu auf der
nächsten Seite mehr.
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Anmerkung zu 1 Mehr Berichte aus Wissenschaft
und Forschung zum Thema "Spezialisierte neuronale Taktgeberzellen sowie über die
Zeitmessung im menschlichen Organismus und Gehirn" finden interessierte Besucher
unter www.zeit.de auf der Seite: N-Zeitmessung