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Behörden und Bürokratie in Ecuador

Über die Dummheit von Geldautomate

Bürokratietechnisch steht Ecuador anderen Ländern dieser Welt in nichts nach, reicht man bei einer Behörde ein Gesuch ein, so heißt es: Paciencia! So finde ich mich damit ab, dass ich innerhalb von 2 Wochen 3 mal nach Quito reisen muss, da ich die Antwort auf meine Frage, wann ich denn meinen Pass mit dem Visum­stempel abholen könne, stets falsch verstehe: "Ya mismo" ("jetzt"), bedeutet weder "jetzt", noch "in einer Stunde", noch "morgen".... "En un ratito" ("in einem Augenblickchen") heißt: Vielleicht in ein, zwei Wochen.

Den dritten Versuch trete ich schließlich Mitte Dezember an, bereits bepackt mit allerlei Überlebensnotwendigem, da ich mich erstens auf einen weiteren "ratito" gefasst mache und zweitens im Anschluss an den Behördenkampf eine kleine Ecuadorrundreise über die Weihnachtferien machen möchte.
Um den Fehler meines letzten Ausfluges nicht zu wiederholen und da ich auch nicht geneigt bin, einen Haufen Bargeld mit mir rumzuschleppen, stecke ich dieses Mal meine Bankkarte ein, für den Fall der Fälle.. Bereits in Quito ange­kommen erweist sich dies als überaus klug, der Beamte in der Ausländer­behörde beteuert, dass ein Stempelaufdruck auf einem Stück Papier durchaus seine 180 $ wert sei. Paciencia denke ich mir und mache mich auf die Suche nach einem Geldautomaten.

9:14 Uhr, 1. Geldautomat: Fehler im Prozess
9:25 Uhr, 2. Geldautomat: Transaktion leider nicht möglich
9:31 Uhr, 3. Geldautomat: Service derzeit leider nicht verfügbar
9:54 Uhr, 4. Geldautomat: Kartenfehler
10:03 Uhr, der 5. Geldautomat fragt mich in gelber Neonschrift auf blauem Bildschirmgrund: "Sind sie sicher, dass Sie ihren Pincode korrekt eingegeben haben?"
Mmhhh. Ja, eigentlich schon! Oder? Oder wars doch andersrum? Hab ich einen Zahlendreher eingebaut? Gut, also probieren wir eben eine andere Variante... Nichts. Oder doch erst die 8 und dann die 3? Nichts...
Um 10:20 Uhr erklärt mir der sechste Geldautomat, dass meine Karte leider gesperrt sei. Paciencia, meine neue Wegbegleiterin verlässt mich für einige Momente, in denen gleichzeitig eine enorme Wut auf mich und meine eigene Dummheit, die Dummheit der Geldautomaten und Tränen der Verzweiflung in mir aufsteigen. Auf diese herrlich emotionale Gefühlsmischung folgt ein hysterisches Lachen, als mir klar wird, dass ich mit meinen 5 $ Bargeld noch nicht einmal nach Tena zurück­fahren kann.

Während ich hektisch nach einer Western Union Bank suche rechne ich mir aus, wie viele Minuten mir für 5 $ für ein Telefonat nach Deutschland wohl zur Verfügung stehen, in denen ich meiner Mutter, die hoffentlich zu Hause ist, klarmachen muss, dass sie mir doch bitte sofort ein beträchtliches Sümmchen überweisen möge. Wie herrlich (und zugegebenermaßen auch ein bisschen erniedrigend zugleich) ist es doch, wenn man sich auf seine Mama verlassen und sich wieder ein bisschen Kind fühlen kann!
Über das Geforderte hinaus, übermittelt sie mir außerdem die Adresse der Verwandten einer Bekannten in Quito, die mir helfen und mich bei sich nächti­gen lassen würde. Die Transaktion kann durch die Zeitverschiebung natürlich erst am nächsten Tag stattfinden. Ich bin froh darüber, dass ich mich nicht in peinlichen Pantomime-Verrenkungen auf der Hauptplaza Quitos versuchen muss und trockne meine Zornestränen.

Wie heißt es doch so schön: Auf Regen folgt stets Sonnenschein! Am nächsten Morgen bekomme ich nicht nur das Geld, sondern auch mein Visum.
Noch etwas ungläubig im Glück taumelnd, suche ich anschliessend auf dem Bahnhofsgelände nach einem Bus, der mich zu meinem ersten Reiseziel Riobamba bringen soll, welches ich alleine in der Fremde antreten werde. Zwar muss ich nun doch einen Haufen Bargeld mit mir rumschleppen (die komplette Ration für die nächsten vier Wochen), aber erstens bilde ich mir ein, recht fantasievoll im Finden von Verstecken zu sein und zweitens erklärt mir mein Sitznachbar im Bus, ein sympathisch aussehender junger Familienvater, dass er als Bodyguard für Mitglieder der Regierung arbeitet. Na dann kann die Reise ja losgehen, denke ich mir und mache es mir in meinem Sitz so bequem, wie es in einem südameri­kanischen Reisebus eben möglich ist.

Anja Bosch, im Mai 2009 – Erlebnisse in Ecuador – Kapitel III

Weiterlesen › Ecuador » Zugfahrt nach Riobamba

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Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare:

Allgemeine Anmerkung von H. Müller

Anders als in Deutschland, wo es neben privaten auch viele öffentlich-rechtliche und genossenschaftliche Geldinstitute gibt, sind die Banken und Kreditinstitute in Ecuador ausschließlich in privater Hand. Allerdings sind die Banken von Ecuador zum Teil in größeren Finanzgruppen vereint, so dass auch hier ein gewisser Schutz vor dem Verlust von Spareinlagen existiert.

 

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